
Kritik unangebracht: Warum du aufhören solltest, andere Menschen zu kritisieren
Jeden Tag regen wir uns über andere Menschen auf. Ich selbst erwische mich auch sehr oft, wie ich andere Menschen kritisiere, wenn sie sich meiner Meinung nach nicht nachvollziehbar verhalten oder sogar zu langsam aus dem Bus aussteigen. Allerdings ist die Kritik an anderen Menschen nichts Gutes. Im Gegenteil: Wenn wir andere Menschen kritisieren, machen wir es uns schwerer, sie zu überzeugen oder sie als Freunde oder Partner zu gewinnen. In diesem Beitrag gehe ich näher darauf ein.
Wir Menschen ticken alle gleich
Jeder Mensch tickt in etwa gleich. Völlig unabhängig von individuellen Charaktereigenschaften. Darum ist es Psychologen auch möglich, Muster in unserer Denkweise zu finden. Wenn wir Menschen etwas falsch machen, neigen wir dazu, bei externen Quellen die Ursache für unser Versagen zu finden. Eine Beziehung funktioniert nicht: Natürlich ist unser Partner schuld. Ich habe den Job nicht bekommen: Natürlich liegt das daran, dass der Chef ein Idiot ist…
Sehr selten suchen wir die Schuld bei uns selbst. Warum sollten wir auch? Schließlich gibt es doch externe Einflüsse, die an den Dingen schuld sind. Sogar Al Capone, der bekannteste Mafiaboss in der Geschichte der USA, hat sich selbst nicht kritisiert, sondern sich stets für den Verfechter des „Guten“ gehalten. Er hat erwartet, dass andere seine Position nachvollziehen können, statt sich in die Lage der anderen hineinzuversetzen. Aber sind wir doch mal ehrlich: Wir selbst haben dieses Gedankenmuster auch.
Dass wir dieses Gedankenmuster teilen, liegt unter anderem an unserem Stolz. Wir wollen vor uns selbst rechtfertigen und wir verlangen, dass die Außenwelt unsere Seite auch versteht. Jeder Mensch denkt so, obwohl es sich hierbei um eine rein individuelle Wahrnehmung handelt. Doch wir können mit dem Wissen, dass dieser Umstand existiert arbeiten und zudem unser Leben verbessern.
Versetze dich in die Lage deines Gegenübers
Wenn mich an einer Person etwas nervt, versuche ich sie dafür nicht zu kritisieren. Das gelingt mir zwar nicht immer, aber ich arbeite stets daran. Das gegenseitige Verständnis wird dadurch erzeugt, dass du dich in die andere Person hineinversetzt. Stelle dir die Frage, was würdest du in der Position des anderen Menschen tun? Möglicherweise würdest du sogar gleich handeln, was wiederum ein Verständnis bei dir erzeugt.
Sobald du dich in die Lage deines Gegenübers hineinversetzt hast, wirst du automatisch ruhiger und du öffnest deinen Horizont. Dieses gegenseitige Verständnis ermöglich es dir, die Situation aus einem anderen Winkel zu betrachten, was wiederum Kritik deinerseits unterbleiben lässt.
Darum solltest du andere lieber nicht kritisieren
Doch warum ist Kritik schlecht? Schließlich ist Kritik doch dazu da, dass sich ein Mensch weiterentwickelt. In gewisser Weise ist diese Aussage korrekt. Schließlich können sich Menschen nur dann weiterentwickeln, wenn sie wissen, wo sie sich weiterentwickeln sollen. Kritik betrachten wir leider viel zu oft als ultimativen Hinweisgeber. Doch das ist leider ein Trugschluss. Kritik erreicht in den meisten Fällen sogar das komplette Gegenteil.
Ist es dir nicht auch schonmal passiert, dass du jemanden kritisiert hast und er deine Kritik nicht angenommen hat. Er hat gar deine Kritik ignoriert und bewusst gezeigt, dass ihm deine Worte egal sind. Kritik, die Menschen oft als unbegründet wahrnehmen, greift unseren Stolz an. Um diesen zu verteidigen, hören wir bewusst nicht auf die Worte, sondern demonstrieren eindrücklich, dass uns die genannten Punkte egal sind. Je heftiger die Kritik in der Wortwahl ist, desto unwahrscheinlicher nehmen wir sie an. Kritik kann dadurch entweder auf Widerstand stoßen oder auch demotivierend wirken.
Je nach Situation verspielen wir, wenn wir Menschen kritisieren viele Chancen. Dabei ist es egal, ob diese gerechtfertigt ist oder nicht. Wir müssen uns bei jeder Kritik im Klaren sein, dass diese den Stolz unseres Gegenübers angreift. Er führt schließlich eine Handlung durch, die er für diesen Moment adäquat hält. Durch eine Kritik nehmen wir ihn aus diesem Selbstverständnis heraus. Wenn wir mit jemandem langfristig zusammenarbeiten wollen oder jemanden als Freund gewinnen wollen, dürfen wir nicht seinen Stolz angreifen. Jeder Mensch ist daran interessiert, diesen zu wahren ohne sich dabei rechtfertigen zu müssen.
Darüber hinaus wollen wir Menschen unsere Zeit nur mit anderen Menschen verbringen, in deren Gegenwart wir uns wohlfühlen. Wenn wir durchgehend einem Kritiker ausgesetzt sind, fühlen wir uns unwohl. Das bedeutet, dass wir nach Möglichkeit keine Zeit mit einem anderen Menschen verbringen wollen, der uns kritisiert.
Wer im Glashaus sitzt…
Kritik wird insbesondere dann als ungerechtfertigt wahrgenommen, wenn der Kritiker selbst nicht in der Lage ist, das von ihm angesprochenen Problem zu lösen. Neben einem Glaubwürdigkeitsverlust gibt es hier noch andere negative Nebeneffekte. Schließlich bietet man seinem Gegenüber eine Angriffsfläche für weitere Kritik, die man schließlich gegen sich selbst ertragen muss. Wenn man sich nicht in die Lage des Gegenübers hineinversetzt hat, kann dies zu einer Endlosspirale der Negativität führen.
Da wir Menschen stets in unseren eigenen Glashäusern sitzen, sollten wir es uns nicht anmaßen, andere Menschen zu kritisieren. Insbesondere dann, wenn wir selbst keine Lösungsvorschläge oder bessere Umstände vorzuweisen haben.
Was können wir stattdessen tun?
Jetzt wissen wir, warum wir keine Kritik üben sollten. Doch wie sollten wir optimal mit zu kritisierenden Situationen umgehen? – Einen wichtigen Punkt haben wir bereits oben besprochen. Wir versetzen uns in die Lage unseres Gegenübers und versuchen zu verstehen, warum dieser so gehandelt hat. Dadurch können wir Bitten und Vorschläge besser entschärfen und selbst wenn wir Kritik äußern sollten, diese verständnisvoller formulieren.
Wenn du einen Wunsch hast, äußere diese nicht als offensive Kritik, sondern formuliere es eher persönlich. Sage in etwa nicht „Du hast etwas falsch gemacht“, sondern nutze eine Formulierung wie „Ich wünsche mir…“. Durch eine solche Formulierung klingt der Änderungswunsch nicht nach einer Kritik, sondern eher nach einem Verbesserungsvorschlag.
Selbstreflektion
Wie wir am Anfang gelernt haben, kritisieren wir Menschen uns selbst nur selten und suchen die Schuld bei äußeren Einflüssen. Doch diese Erkenntnis kann auch positiv sein. Wenn wir merken, dass wir uns nicht korrekt verhalten haben, können wir eine neutrale Haltung einnehmen und uns selbst reflektieren. Dadurch ermöglichen wir es, dass wir die Welt um uns herum besser verstehen und geben dadurch weniger Angriffspunkte.
Ein weiterer Punkt ist, dass man darauf achten sollte, nicht schlecht über andere Menschen zu reden. Dies sagt oft mehr über die Person aus, die schlecht redet, aber weniger über die, die schlechtgeredet wird. Das wirft gleich ein schlechtes Licht auf dich. Das gilt vor allem dann, wenn du Aussagen in einer Gruppe triffst, die du selbst noch nicht richtig kennengelernt hast.